DIE GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG DES MARKTES
Markt Rieden – die Geschichte der kommunalen Gebietshoheit
Neueste Erkenntnisse zur Entwicklungsgeschichte und Namensherkunft des Marktes Rieden durch Quellenforschungen der beiden Ortsheimatpfleger Andreas Reindl und Hubert Haas:
Vilsabwärts grüßt nach der Gemeinde Ensdorf mit seiner Klosteranlage die Burg Rieden, auf einem Bergsporn hoch über dem Markt, in das Vilstal. Auf dem Bergrücken im Norden der Burganlage ist ein noch erhaltener Ringwall Zeuge einer Besiedelung in vorgeschichtlicher Zeit. Die Größe der Anlage lässt eine ausgedehnte Siedlung vermuten, umgeben von Mauern aus Baumstämmen, Steinen und Erde, die im Laufe der Zeit zu Wällen verstürzt sind. Scherbenfunde aus dem frühen 1. Jahrtausend vor Christus geben einen Anhaltspunkt für eine zeitliche Einordnung der Ringwallanlage. Bereits um das Jahr 800 n.Chr. befand sich auf dem Bergsporn eine Burg. Im Jahr 828 werden die Grafen zu Kastl-Habsberg als Besitzer dieser Burg genannt. Die „Herren von Ruden“ bewohnten damals die Burganlage. Die heute noch vorhandenen und erkennbaren Mauerreste stammen aus romanischer Zeit, vermutlich um die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts. Der sogenannten „Haberland-Chronik“ ist folgender interessanter Vermerk zu entnehmen: „Rieden ist unzweifelhaft das alte Rithiencie, von welchem aus Kaiser Heinrich der VI. dem König Philipp von Frankreich die Gefangennahme von Richard Löwenherz meldete (Datum: 1192 Dezember 28.). Richard Löwenherz (König von England) wurde wegen angeblicher Unterschlagung von Kriegsbeute auf dem Rückweg seines 3. Kreuzzuges im Heiligen Land gefangen genommen und auf der Kuhnrieger Burg bei Dürnstein in der Wachau eingesperrt. Es ist denkbar, dass der Kaiser von Eger nach Regensburg einen Umweg über Sulzbach genommen hat – Eger, Hirschau, Amberg, Rieden, Regensburg.
Im dreissigjährigen Krieg (1618-1648) wurde die damals bereits baufällige Burg von den Schweden zerstört. Die jetzigen sichtbaren Gebäude sind aus den Überresten der alten Burganlage Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet worden und dienen heute noch als Wohnhäuser.
Der Ortsname Rieden leitet sich vom Genitiv des Personennamens „Ruodo“ ab, das Grundwort fehlt. Rudin bedeutet so viel wie „der Hof oder das Haus des Ruodo“. Ein Adelsgeschlecht der „Herren zu Ruden“, ist im Jahre 984 erstmals urkundlich erwähnt. Die Linie der „Herren von Ruden“ kann man bis um das Jahr 1400 verfolgen.
In einer Schenkungsurkunde des Klosters Ensdorf (gegründet 1121) wird im Jahr 1123 ein „Konrad de Rudin“ genannt.
Seit dem ersten Viertel des 14. Jahrhunderts (ca. 1320) besitzt Rieden das Marktrecht und war Sitz eines Pflegamts, das bis 1808 Bestand hatte.
Der Amtsbereich des Riedener Pflegamts erstreckte sich über den Markt Rieden und die folgenden umliegenden Orte: Ensdorf (ausgenommen der klösterliche Bereich), Leidersdorf, Uschlberg, Hirschwald, Bernstein, Siegenhofen, Vilswörth, Aufheim, Kreuth, Tanheim, Seulohe, Ruiding, Wolfsbach, Theuern, Ebermannsdorf, Hofstetten, Pittersberg, Au, Langenwies, Hartenricht, Högling, Diebis, Ipflheim, Ober- und Unterfreihöls, Fünfeichen Siegenthann und Kapflhof.
Das Pflegamt war ein Verwaltungs- und Gerichtsbezirk mit dem Privileg der niederen Gerichtsbarkeit. Allwöchentlich und zwar jeweils am „Pfinztag“ (d.i. Donnerstag) wurden Gerichtshandlungen durch die Pfleger ausgeübt. Die Protokolle dieser Amtsbeschlüsse sind im Staatsarchiv in Amberg archiviert und können dort eingesehen werden; für Heimatforscher sicherlich eine ergiebige geschichtliche Quelle. Das Pflegamt Rieden hatte somit über fast 500 Jahre eine kommunale Gebietshoheit inne.
Die kirchlichen Gebäude im Markt Rieden bergen auch zahlreiche interessante historische Begebenheiten. Eine erste Benefizium-Frühmeß-Stiftung wurde im Jahre 1447 von einem Fridrich Schezler und seiner Gemahlin Cunigunde ins Leben gerufen.Die katholische Pfarrei Rieden selbst besteht seit 1689; früher gehörte Rieden zur Pfarrei Vilshofen, geistlich betreut von Patern des nahen Benediktinerklosters Ensdorf. Nachdem von 1505 bis 1777 die Grenze der „Jungen Pfalz“ (Pfalz Neuburg) zur „Alten Pfalz“ (Obere Pfalz) nördlich von Vilshofen (Aufheim) verlief und damals die Religion der jeweilige Landesherr bestimmte (cujus regio – ejus religio), waren religiöse Konflikte vorprogrammiert. In Rieden wirkten von 1599 bis 1626 insgesamt sieben lutherische bzw. calvinistische Pastoren. 1620 ist in Rieden der berühmte lutherische Prediger Salomon Franziskus gestorben. Die seelsorgliche Betreuung der evangelischen Christen im südlichen Dekanat Sulzbach-Rosenberg (von Ebermannsdorf bis ins Lauterachtal nach Hohenburg und Ransbach) erfolgt auch heute noch zentral von Rieden aus.
Den Originalgrenzstein dieser alten Landesgrenze der vom Riedener Ortsheimatpfleger Hubert Haas restauriert wurde, kann man übrigens am Rande des Vilstal-Radweges im Norden von Vilshofen, vor der Radweg-Unterführung, besichtigen.
Kirchen und Kapellen in Rieden und Umgebung:
- Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt - erbaut von 1716 bis 1719 unter Einbeziehung eines bereits seit 1550 bestehenden Satteldach-Turmes
- St. Georg (Altrieden), erbaut 1427, ältestes Kirchengebäude in Rieden – mit romanischen Bauelementen, baulich umgestaltet um 1490 (diente den evangelischen Christen nach dem 2. Weltkrieg bis zum Jahr 1957 als Gotteshaus)
- Maria Hilf, Siegenhofen – ehemalige Wallfahrtskirche, in der Sakristei romanische Apsis erhalten, Turm spätgotisch. Chor und Langhaus Bau des späten 17. und Anfang 18. Jahrhunderts
- Paul-Gerhardt-Kirche (Evangelische Gemeinde) - erbaut 1957
- Kalvarien-Kapelle auf dem Schlossberg – erbaut 1776
- Wegkapelle am Friedhof – erbaut 1687